Hesselbach und der Odenwaldlimes
Hesselbach und der Odenwaldlimes 

Kastell Hesselbach 4: Fundmaterial

Münzen

Bei den Ausgrabungen in Hesselbach wurden insgesamt nur vier eindeutig bestimm- und datierbare Münzen gefunden, zu wenig, um konkrete und verlässliche Aussagen daraus ableiten zu können [Anm. 1]. Die Münzen im Einzelnen [1]:

Einheit Darstellung Prägung Prägeort RIC Fundort Fundjahr Anmerkungen
Denar Vitellius 69  Rom  224 Nr. 2 (1) Pfostengraben der Periode 2  1965  
As oder Dupondius Domitian(?) 81-96(?)  Rom   innerhalb des „Gebäudes 4“  1966 vollständig korrodiert
Denar Trajan 114–117  Rom  337 aus einem Brunnen außerhalb des Kastells  1902  
Dupondius Hadrian 119–121  Rom  601 (c)  ?  1895  



Sigillaten

Die Anzahl der in Hesselbach geborgenen Sigillata-Scherben war mit 24 % (= 224 Stück) des Gesamtaufkommens an keramischen Funden (932 Stück) relativ hoch[A 5][35] und lieferte wichtige Anhaltspunkte zur Datierung des Kastells. Die ältesten Fragmente von Bilderschüsseln südgallischer Provenienz ließen sich erst auf das letzte Jahrzehnt des 1., spätestens aber auf den Anfang des 2. Jahrhunderts datieren, frühere Dekorationsweisen fehlten hingegen völlig [36]. Baatz wies bei der Auswertung der Keramik zusätzlich darauf hin, dass die Typen Drag. 29[A 6][A 7] und Drag. 15[A 8] fehlten, Sigillata-Typen, die üblicherweise in Kastellen vorkommen, die unmittelbar nach dem Jahr 90 entstanden sind. Dies wertete er als Indiz dafür, dass der Anfang des Lagers frühestens einige Jahre nach 90 angenommen werden dürfe.[37]

Die Verteilung der Sigillata-Typen[A 9] im Einzelnen:[38]

 

Typ Anzahl Randstücke
Perioden südgallisch (Ränder)
Drag. 18/31[A 6][A 10] (Teller) 94 1 bis 3  12 (9)
Drag. 27[A 11] (Napf) 47 1 bis 3  5 (3)
Drag. 33[A 12] (Napf)  9 2 bis 3  0 (0)

Drag. 36[A 13]

(Teller oder flache Schüssel)

 8  1 bis 2a  1 (1)
Drag. 37[A 14] (Schüssel)  44 1 bis 3  9 (4)
Sonstige  22 1 bis 3  0 (0)
SUMME  224  1 bis 3  27 (17)



Aufgrund des relativ hohen Anteils an südgallischer Ware bei den Bilderschüsseln wies Dietwulf Baatz weiterhin einen Errichtungszeitpunkt des Kastells nach dem Jahr 105 als äußerst unwahrscheinlich zurück. Die Verteilung der Bilderschüsseln und Töpferstempel auf glatter Ware setzte sich folgendermaßen zusammen:[39]

Herkunft Bilderschüsseln Töpferstempel Anmerkungen
Südgallische Ware 9 0  
Mittelgallische Ware 8 1  
Ware des Saturninus und des Satto 13 0  
Ware aus La Madeleine 8 1  
Ware aus Heiligenberg (Elsass) 4 2  
Ware aus Blickweiler 10 4 drei verschiedene Töpfernamen
Argonnenware 0 1  
Ostgallische Ware 0 3  
Nicht gesichert oder nicht bestimmbar 0 5  
Summe 52 19  



Sonstige Keramik

Die gesamte Keramik setzte sich neben der relativ häufig vorkommenden Terra Sigillata aus rauhwandiger Ware, Schwerkeramik, glattwandiger Ware, Firnisware und Terra Nigra zusammen, wovon die rauhwandige Ware, wie auch anderenorts üblich, den größten Anteil bildete. Rauhwandige Ware ist eine durch starke Sandmagerung feuerfest gemachte Keramikart. Daher ist es nicht verwunderlich, dass unter den Funden an rauhwandiger Ware Töpfe und Schüsseln dominierten (399 von insgesamt 463 Scherben). Das Fundaufkommen an größerer/gröberer Keramik bestand ausschließlich aus Reibschalen (120 Stück) und Amphoren (11 Stück), tönerne Fässer (so genannte Dolien) waren nicht vorhanden. Die glattwandige Ware bestand überwiegend aus Krügen und Amphoren. Engobierte Ware und Terra Nigra waren in nur geringem Umfang vertreten und beide in unterschiedlichen Materialzusammensetzungen und unterschiedlichen Techniken gefertigt.[41] Die Verteilung des gesamten Keramikaufkommens stellte sich folgendermaßen dar:[42]

  Randstücke
Gattung Anzahl Anteil Gewicht
Rauhwandige Ware  463  50 %  13.880 g
Terra Sigillata  224  24 %  4.300 g
Reibschalen und Amphoren  131  14 % 13.540 g
Glattwandige Ware    64   7 % 2.685 g
Engobierte Ware    27   3 % 220 g
Terra Nigra    23   2 % 960 g
Summe  932  100 %  35.585 g


Sonstige Funde

Metallfunde lagen nur in geringem Umfang vor und waren zudem durch die Bodenverhältnisse in Hesselbach stark korrodiert. Auch gab es keine gesicherte stratigraphische Zuordnung, so dass einzelne Stücke durchaus nachrömisch sein könnten. Namentlich konnten neben mehreren Nägeln bei den Grabungen der 1960er Jahre eine Bronzefibel, eine Bleischeibe, ein eiserner Bohrer und ein eiserner Pfriem, sowie bei den älteren Ausgrabungen ein Eisenmesser und eine eiserne Torpfanne geborgen werden. Unter den mengenmäßig ebenfalls nicht sonderlich stark vertretenen Glasfunden fielen neben dem Bruchstück einer amethystfarbenen Rippenschale und einigen Bruchstücken weiterer Glasgefäße insbesondere zwei Fragmente von Fensterglas auf.[43]

Tegulae (flach) und Imbrices (gewölbt) in der Anwendung

Unter etwas über 100 Ziegelfunden (9 ganze Ziegel und rund 100 Bruchstücke) befanden sich keine gestempelten Exemplare. Mengenmäßig dominierten Lateres (Mauerziegel), daneben fanden sich auch Tegulae und Imbrices (flache und bogenförmige Dachziegel) sowie Wandplatten mit Kammstrichrauhung. Die Menge an Dachziegeln insgesamt erlaubt es jedoch nicht, eine Ziegeleindeckung der Kastellinnenbauten oder der Tortürme zu postulieren. Sie können auch von dem anzunehmenden Kastellbad stammen und sekundär oder zweckentfremdet weiterverwendet worden sein. Eine solche Verwendung ist auch für die Wandplatten anzunehmen, die üblicherweise nur an im Hesselbacher Kastell nicht vorkommenden Steinwänden verbaut wurden. Die Ziegel entstammen möglicherweise einer unbekannten Produktionsstätte des Odenwaldes, wofür die Magerung mit Sandsteinpartikeln spricht, wie sie in den regionstypischen Buntsandsteinverwitterungsböden vorkommen.[44]

Insgesamt 70 Sandsteinkugeln von unterschiedlicher Größe und Gewicht (von weniger als 200 Gramm bis hin zu 15 –20 Kilogramm) wurden bei den Grabungen des 19. und des 20. Jahrhunderts in Hesselbach gefunden. Sie waren von Friedrich Kofler noch als ballistische Kugeln interpretiert worden. Dietwulf Baatz gelangte hingegen zu dem Ergebnis, dass zum einen die Tortürme des Kastells Hesselbach für die Installation ballistischer Vorrichtungen viel zu klein und zum anderen die Mehrzahl der Kugeln abgeplattet gewesen seien. Letzteres hätte aber beim Abschuss zu einem für die Geschützmannschaften unkalkulierbaren Risiko geführt. Baatz ging weiter davon aus, dass es sich möglicherweise um Handschleudersteine gehandelt haben könnte, aber auch um Steine, die zur Beschwerung, als Kontergewichte oder als Schleif- und Reibesteine dienten.[45]

Naturgemäß gab es in der Form von Architekturteilen weitere Steinfunde, ferner einige Skulpturteile. Unter den Architekturfragmenten dominierten Gesimse, Keilsteine und die für die Bauwerke des Odenwaldlimes typischen Lünetten. Augenfälligster Skulpturenrest war das Fragment eines Reliefs aus rotem Sandstein, von dem nur noch die Darstellung eines 17 Zentimeter langen und 5 Zentimeter erhabenen Phallus mit abgebrochenen Hoden erhalten war.[46] Des Weiteren wurden einige Bruchstücke von Handmühlen geborgen.[47]

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Belege