Michael Müller, M.A., Hartmann Linge et al. [Anm. 1]:
Kleinkastell Seitzenbuche
I N F O B O X | |
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Limes | ORL – (RLK) |
Strecke (RLK) | ORL Strecke 10 Neckar-Odenwald-Limes Odenwaldlinie |
Typ | Kleinkastell |
Einheit | unbekannte Vexillatio |
Größe | 20 × 20 m |
Bauweise | Steinkastell |
Erhaltungszustand | markiertes Bodendenkmal |
Ort | Mudau-Schloßau |
Geographische Lage | |
Höhe | 460,7 m ü. NHN |
Vorhergehend | Kleinkastell Zwing (nordwestlich) |
Anschließend | ORL 51 Kastell Schloßau (südöstlich) |
Das Kleinkastell Seitzenbuche war ein römisches Grenzkastell an der älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes. Es wurde zur Überwachung eines Passweges errichtet und stellt heutzutage ein Bodendenkmal dar.
Lage
Das Kleinkastell lag im spitzen Winkel zwischen den Straßen nach Schloßau und Kailbach. Es wurde wie das Kleinkastell Zwing zur Überwachung des Passweges erbaut, der an der kürzesten Verbindung zwischen Main und Neckar lag.[1]
Das heutige Bodendenkmal befindet sich auf einer Höhe von 460,7 m ü. NN an der Kreuzung der Kreisstraße 3919 von Hesselbach (ein Ortsteil der Gemeinde Hesseneck im Odenwaldkreis) nach Schloßau (ein Ortsteil der Gemeinde Mudau im Neckar-Odenwald-Kreis) sowie der sogenannten Siegfriedstraße (Landesstraße 2311), die Ernsttal (zu Mudau gehörig) mit Kailbach (zu Hesseneck) verbindet.
Befunde
Frühe Forschungen an dem Kastell fanden bereits im 19. Jahrhundert unter Friedrich Knapp statt. Grabungen der Reichs-Limes-Kommission erbrachten ein Kastell von 20 × 20 m, das dem Befund vom benachbarten Kleinkastell Zwing ähnelte. Nachgewiesen wurde auch ein 2,30 m breites Tor mit rechteckig nach innen umbiegenden Torwangen und einer Schwelle. Ein von Knapp erwähnter Graben konnte nicht mehr nachgewiesen werden. Über die stationierte Einheit ist nichts bekannt.
Das Kastell war bereits früh stark zerstört, heute sind nur noch wenige Untiefen im Wald sowie Gesimssteine der Kastellmauer zu sehen. Am gegenüberliegenden Parkplatz befindet sich eine Erläuterungstafel.
Limesverlauf bis zum Kastell Schloßau
Der Limes verläuft im Bereich der Passhöhe und des Kastells von WNW nach OSO und ändert erst beim Kastell Schloßau wieder seine Richtung. Östlich des Kastells verläuft er leicht hangaufwärts und erreicht seinen höchsten Punkt oberhalb von Schloßau im Bereich des Wp 10/38.
Wachtposten Wp 10/37 „In der Schneidershecke“
Wp 10/37 ist unter allen Limestürmen einer der ungewöhnlichsten Befunde und gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Gefunden wurde eine Holzturmstelle mit einem Gesamtdurchmesser von 20 m sowie zwei Steinturmstellen. Beide Steinturmfundamente sind rekonstruiert. Der westlich gelegene hat mit 6 × 6 m gewöhnliche Ausmaße. Ungewöhnlich am östlich gelegenen, 6,60 × 6,60 m großen Turm ist eine an die Nordseite später angefügte Treppe. Eine Weihinschrift[2] an Jupiter befand sich in die Freitreppe eingemauert. Sie wurde gesetzt für die Einlösung eines Gelübdes für die Fertigstellung des burgus und bezieht sich wahrscheinlich auf den westlichen Turm.
lateinischer Text | Lesung | Übersetzung |
I·O·M VEXIL COH·I SEQ·ET·RAVR EQ·SVB·CVR ANTON·NATA LIS·LEG XXII·P P·F·OB·BURG·EX PLIC·V·S·L·L·M |
Iovi Optimo Maximo vexillatio cohortis I Sequanorum et Rauracorum equitatae sub cura Antonii Nata- lis (centurionis) legionis XXII Primigeniae Piae Fidelis ob burgum ex- plicitum votum solvit laetus libens merito |
Jupiter dem Besten und Größten vom Baukommando der berittenen 1. Kohorte der Sequaner und Rauraker unter dem Kommando des Antonius Natalis, centurio der 22. Legion Primigenia pia fidelis wegen der Fertigstellung des burgus (Turm). Es hat sein Gelübde gern, freudig und nach Verdienst eingelöst. |
Vor dem westlichen Turm befindet sich heute eine Nachbildung der Inschrift. Wandverputz und Bemalungen mit roter, gelber und grüner Farbe fanden sich im Schutt des östlichen Turmes und dürften aus dem Inneren stammen. Besonders bedeutsam ist aber der Fund von drei nicht ganz lebensgroßen (über 1 m) kopflosen Götterstatuen aus rotem Sandstein. Sie befinden sich heute mit der Originalinschrift im Römermuseum Osterburken, Kopien sind seit 2009 auch vor Ort aufgestellt. Dargestellt sind Victoria, Mars und SalusBKL in recht guter Qualität einer einheimischen Werkstatt. Die Zusammenstellung der Gottheiten (Siegesgöttin, Kriegsgott und Göttin der Gesundheit und des Wohlbefindens) lassen zusammen mit der Zweckentfremdung des Turms an ein kriegerisches Ereignis denken, doch dürften die Götter bei Soldaten auch insgesamt sehr beliebt gewesen sein. Keilförmige Steinfunde legen nahe, dass die Statuengruppe in einer bogenförmigen Nische aufgestellt war. Am Turm fanden sich ebenfalls die einzigen Belege für eine Ziegelbedachung einer Turmstelle am Odenwaldlimes. Einen Hinweis auf die Datierung liefert ein Bruchstück des Schildes der Victoria, das im Kastell Oberscheidental gefunden wurde. Zusammen mit der Bauinschrift bestätigt das eine Datierung des Heiligtums vor den Abzug der coh. I Sequanorum et Rauracorum nach Miltenberg um 159 n. Chr.
Unklar ist trotzdem weiterhin die zeitliche Stellung der Steintürme zueinander. Es gibt auch Überlegungen, ob der östliche Turm gar nicht als Limesturm in Betrieb war oder von der Kohorte als Baumuster für die numeri brittonum am Odenwaldlimes diente.
Wachtposten Wp 10/38 „Am Rotkreuz“
Von der Turmstelle in der Nähe des östlichen Waldrandes ist außer wenigen herumliegenden Sandsteinen nichts mehr zu erkennen.
Denkmalschutz
Das Kleinkastell Seitzenbuche und die erwähnten Bodendenkmale sind geschützt als Kulturdenkmale nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg (DSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.
Literatur
- Dietwulf Baatz: Zum Heiligtum am Wachtposten 10/37 Schneidershecke. In Ders.: Kastell Hesselbach und andere Forschungen am Odenwaldlimes. Gebr. Mann, Berlin 1973, ISBN 3-7861-1059-X, (Limesforschungen, Band 12), S. 135–142.
- Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347
- Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey: Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches: Abteilung A, Band 5, (1926, 1935)
- Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v.d.H. 2004, ISBN 3-931267-05-9 S. 75–92 (Saalburg-Schriften 6).
- Gerhard Hoffmann: Odenwaldlimes im Neckar-Odenwaldkreis. In: Philipp Filtzinger (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Aufl., Theiss, Stuttgart 1986, S. 363–365
- Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg : Römerstätten und Museen von Aalen bis Zwiefalten. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1555-3, S. 187f.
- Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5 S. 112–115.
- Jörg Scheuerbrandt: Wp 10/37 „In der Schneidershecke“. Wachturm und Tempel. In: Ders. et al.: Die Römer auf dem Gebiet des Neckar-Odenwald-Kreises. Grenzzone des Imperium Romanum. Herausgegeben vom Kreisarchiv des Neckar-Odenwald-Kreises. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2009, ISBN 978-3-89735-524-8, (Beiträge zur Geschichte des Neckar-Odenwald-Kreises, 3), S. 77ff.
Belege und Anmerkungen
Belege:
Anmerkungen:
[Anm. 1] Neben den beiden genannten Hauptautoren waren auch noch die Wikipedia-Mitarbeiter Manuel Heinemann, Mediatus und StefanC nicht unwesentlich an der Erstellung des Artikels beteiligt.