Hesselbach und der Odenwaldlimes
Hesselbach und der Odenwaldlimes 

Kastell Würzberg 1: Befunde

Kastellbefunde

Das Kastellgelände erstreckt sich über eine Fläche von rund 6.000 Quadratmetern und entspricht damit der typischen Größe eines Numeruskastells im Odenwald. Die Ummauerung war in Form eines ungleichmäßigen Vierecks ausgeführt. Die Prätorialfront (Vorderseite) maß 72,03 m, die Länge der Rückfront betrug 74,10 m. Die Mauer auf der linken, nördlichen Seite war 81,03 m, die auf der rechten, südlichen Seite 80,63 m lang. Die Stärke des Fundaments betrug 1,25 m, die des aufgehenden Mauerwerks 90 cm bis 95 cm. Die Umwehrung war mit insgesamt vier Zugängen ausgestattet. Das Haupttor (Porta Praetoria) war zum Limes hin ausgerichtet. Das rückwärtige Lagertor (Porta Decumana) existierte lediglich in Form einer kleinen Schlupfpforte, die vermutlich nur in der ersten Bauphase benutzt und später zugemauert worden war. Die abgerundeten Ecken der Mauer waren nicht mit Wehrtürmen versehen. Während Kofler noch davon ausgegangen war, dass auch die Tore keine Wehrtürme besaßen,[1] kam Baatz zu dem Ergebnis, dass sowohl die Porta Praetoria als auch die Porta Principalis Sinistra (linkes Seitentor) und die Porta Principalis Dextra (rechtes Seitentor) vermutlich über Tortürme analog dem Hesselbacher Kastell verfügten,[2] verlangte aber zur endgültigen Klärung weitere Grabungen. Vor der Umwehrung lag, im Anschluss an eine 50 bis 80 cm breite Berme, ein rund sechs Meter breiter Graben (fossa), dessen Tiefe nur einen Meter unter das Niveau der Berme reichte. Er war in Form einer so genannten fossa punica ausgeführt, das heißt: die dem Feind zugewandte Grabenwand war deutlich steiler abgetieft als die dem Lager zugewandte. In den Bereichen unmittelbar vor den Toren war der Graben durch Erddämme unterbrochen.

Im Kastellinneren wurde im Anschluss an den Wall, der den Wehrgang trug, die seit der zweiten Bauphase geschotterte Via Sagularis (Wallstraße) festgestellt. Die Lage der Via Principalis (die Seitentore verbindende Lagerhauptstraße) und der Via Praetoria (Ausfallstraße) sind ebenfalls gesichert. Spuren von Innenbauten konnten während aller drei Grabungskampagnen gar nicht (Knapp) oder nur rudimentär (Kofler und Baatz) ermittelt werden. Sie dürften zu allen Bauphasen aus Fachwerkbauten mit möglicherweise plattierten Fußböden bestanden haben.

Durch die Untersuchungen von 1963 konnten schließlich insgesamt folgende Bauphasen festgestellt werden:

  • In trajanischer Zeit[3] wurde das Lager mit einer Holz-Erde-Mauer errichtet.
  • In hadrianischer Zeit, also zwischen 117 und 138 n. Chr., trat an die Stelle der hölzernen Umwehrung eine im Zwischenraum mit Erde verfüllte Doppel-Trockenmauer.
  • Zwischen 140 und 150 n. Chr. wurde das Trockenmauerwerk durch eine gemörtelte Steinmauer ersetzt.
  • Mit der Vorverlegung des Limes wurde das Kastell (wie der gesamte Odenwaldlimes) bis spätestens 159 n. Chr. aufgegeben.

Damit ergibt sich dieselbe Abfolge, wie sie auch für das Kastell Hesselbach nachgewiesen wurde und wie sie für alle Kastelle des Odenwaldlimes typisch ist. Über den hier stationiertes Numerus, eine etwa 160 Mann starke Auxiliartruppen-Einheit, ist nichts bekannt.

Vicus- und Thermenbefunde

Ein Kastellvicus wurde bei Nachuntersuchungen in den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts nachgewiesen, aber nicht publiziert.

Etwa 60 Meter südlich der Porta Principalis Dextra (rechtes Lagertor) befand sich das Kastellbad, das in kleinem Maßstab über alle Funktionen der typisch römischen Thermen verfügte und vom hessischen Landesdenkmalamt 1980 untersucht und konserviert wurde. Von Nord nach Süd folgten auf ein hölzernes Apodyterium (Umkleideraum) in einem Steinbau ein Frigidarium (Kaltbad, Raum A) mit Piscina (Kaltwasserwanne, A1), ein Tepidarium (Laubad, B) mit entsprechender Wanne (B1) und ein Caldarium (Warmbad, C) mit Warmwasserwanne (C1). Westlich des Frigidariums befand sich ein kreisförmiges Sudatorium (trockenes Schwitzbad, A2). Insgesamt zwei Praefurnien (Heizräume), westlich des Sudatoriums und südlich des Caldariums (D), sorgten für die notwendigen Wasser- und Raumtemperaturen. Das Bad war verputzt und ausgemalt und verfügte über Wasserhähne mit fließendem Kalt- und Warmwasser sowie gläserne Fenster.

Befundsicherung und Denkmalschutz

Das Kastell Würzberg gilt als eines der am besten erhaltenen Numeruskastelle des Odenwaldlimes. Die Konturen der Kastellumwehrung sind im nicht überbauten Gelände noch heute gut zu erkennen. Die Fundamente des Kastellbades und Teile des aufgehenden Mauerwerks sind konserviert und vermitteln so einen umfassenden Eindruck von der Struktur eines solchen Bauwerks.

Das Kastell Würzberg und die anschließenden Limesbauwerke sind Bodendenkmale nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

-> Zurück zum Abschnitt "Kastell Würzberg (ORL 49)"

-> Weiter mit dem Abschnitt "Kastell Würzberg 2: Limesverlauf"

-> Weiter mit dem Abschnitt "Kastell Würzberg 3: Literatur & Weblinks"

Belege und Anmerkungen

Belege

 

Anmerkungen