Kultur und Sehenswürdigkeiten 2: Pfarrkirche und Pfarrhaus
Pfarrkirche St. Luzia und St. Odilia
In dem katholisch geprägten Ort befindet sich zentral an einem Westhang die katholische Pfarrkirche St. Luzia und St. Odilia. In der sich heute darstellenden Gestalt wurde sie 1766 erbaut. Ein Vorgängerbau ist aber bereits für die Zeit um 1400 nachgewiesen und das Fundmaterial der 1969 durchgeführten archäologischen Ausgrabungen deutet auf einen Ursprung mindestens im 13. Jahrhundert hin. Das aus einem Grab innerhalb der Kirche geborgene „Hesselbacher Kreuz“[1], das dem Schaffenskreis des Rogerus von Helmarshausen[Anm. 1] zugeordnet wird, macht aber auch eine Errichtung bereits im 12. Jahrhundert nicht unwahrscheinlich.
Das Innere der von außen relativ schlicht wirkenden Kirche birgt einige Kunstschätze. Sehenswert sind der barocke Hochaltar, die Skulptur einer schwarzen Madonna sowie das Duplikat des
Hesselbacher Kreuzes (das Original befindet sich im Hessischen Landesmuseum Darmstadt[Anm.
2]). Unmittelbar in der Kirche entsprang früher eine Quelle, deren Wasser heilende Kräfte zugesprochen wurden, so dass die Kirche bis zum frühen 19. Jahrhundert Ziel von
Wallfahrten und dadurch eines der am stärksten frequentierten Quellheiligtümer des Odenwalds war. Die Quelle befindet sich heute wenige Meter unterhalb des Kirchportals. [3]
Außenansichten
Interieur
Ehemaliges Pfarrhaus
An der Hauptsstraße 19 liegt das heute als Erholungsheim genutzte frühere Pfarrhaus, der vormalige Jagdsitz der Amorbacher Äbte. Das repräsentative, zweistöckige Steingebäude wurde 1768 fertiggestellt. Zum Eingang führt eine zweiläufige Freitreppe, die Eingangstüre und die Fenster sind von Hausteinen eingerahmt. Oberhalb des Portals befindet sich zusammen mit dem Wappen der Äbte von Amorbach die lateinische Inschrift des Bauherrens:
- Hiacinthus (Breuer) Abbas et Praelatus Amorbacensis has posuit aede(s) F.H.
Übersetzt: „Hyacintus Breuer, Abt und Prälat von Amorbach, hat dieses Gebäude errichtet.“[Anm. 3]
An einem Nebengebäude befindet sich ein weiterer mit Rosette und Pflanzengebinde verzierter Reliefstein des 18. Jahrhunderts. Die Einfriedung des Geländes mit ihren steinernen Pfosten steht ebenfalls unter Denkmalschutz. [4]
(© HL, Abb. 1: April 2009, Abb. 3+4: September 2009, Abb. 2,5+6: Juni 2011)
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Belege und Anmerkungen
Belege
[ 1] Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Metzeler, Stuttgart 1937, Band 3, Spalte 721ff.
[ 2] Norbert Wand: St. Lucia in Hesselbach. In Ders.: Mittelalterliche Einsiedeleien, Quellheiligtümer und Wallfahrtstätten im Odenwald. Laurissa, Heppenheim 1995, ISBN 3-922781-51-9.
[ 3], [ 4] Auf der offiziellen Webpräsenz "Kulturdenkmäler in Hessen" (denkxweb.denkmalpflege-hessen.de) des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden.
Anmerkungen
[Anm. 1] Rogerus von Helmarshausen = Theophilus Presbyter (Pseudonym), 12. Jahrhundert, war ein Benediktinermönch und Verfasser einer lateinischen Schrift, in der verschiedene Kunsthandwerkstechniken des Mittelalters ausführlich dargestellt werden.
Die von ihm zusammengestellte Schriftensammlung wird als „Schedula diversarum artium“ bezeichnet (auch „De diversis artibus“) und dürfte um zwischen 1100 und 1120 entstanden sein. Die ältesten erhaltenen Handschriftenexemplare befinden sich in Wien (Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2527) und in Wolfenbüttel (Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. Gud. Lat. 69 2°). Gotthold Ephraim Lessing entdeckte die Schrift als Bibliothekar in Wolfenbüttel neu. Eine erste deutsche Edition von Teilen des Werkes erschien 1874. Moderne Übersetzungen der Schedula existieren u.a. in englischer, französischer, polnischer, italienischer und ungarischer Sprache (19. oder 20. Jahrhundert).
Die Schedula des Theophilus ermöglicht detaillierte Einblicke in die Techniken des hochmittelalterlichen Kunsthandwerks. In insgesamt drei Teilen werden umfassend die Herstellung und Anwendung der Mal- und Zeichenmittel (Maltechniken, Farben und Tinten), insbesondere für die Buch- und Wandmalerei, die Herstellung von farbigem Glas und die Technik der Glasmalerei beschrieben sowie die verschiedenen Techniken der Goldschmiedekunst erläutert. Auch die Anleitung zum Bau von Orgeln und Glocken fehlt nicht. Nach dieser Anleitung gegossene Glocken werden als Theophilusglocken bezeichnet.
(Wikipedia-Artikel "Theophilus Presbyter", Hauptautoren: Wikipedia-Mitarbeiter GDK, Annos und Sigune)
[Anm. 2] Offizielle Webpräsenz des Hessischen Landesmuseums Darmstadt
[Anm. 3] Hyazinth Breuer *19. Juni 1712 in Ladenburg, †28. Mai 1794 in Amorbach,
war seit dem 14. April 1753 gewählter Abt des Klosters Amorbach.